Digitales Bieterverfahren – Transparenz und Fairness?
Auch beim heurigen Abschlussmeeting in unserer Zentrale in Weiz, unter Anwesenheit sämtlicher Immobilienmakler und Immobilienberater von unseren Geschäftsstellen in Kindberg im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag, Feldbach in der Südoststeiermark und Leibnitz, wurde einstimmig beschlossen, dass wir weiterhin kein digitales Bieterverfahren anbieten wollen und dies aus gutem Grund.
Das digitale Bieterverfahren gibt es in dieser Form schon seit vielen Jahren und ist besonders in Deutschland gängig geworden, während es in den meisten Teilen Österreichs nie richtig Fuß fassen konnte. Aufgrund aktueller Entwicklungen sehe ich mich dazu veranlasst, unsere Leser und Kunden über das Bieterverfahren aufzuklären.
Beim digitalen Bieterverfahren spricht man allgemein von einer Onlinelösung, bei der der Immobilienmakler seinen Kaufinteressenten einen Zugang zu einer Webseite eines bestimmten Softwareanbieters gibt.
Das digitale „geschlossene“ Bieterverfahren ähnelt der üblichen Arbeitsweise der Immobilienmakler. Sie geben ein Angebot ab, sehen aber nicht welches das höchste Angebot ist. Je nach Einstellung gibt es auch mehrere Runden, bei denen die Bieter nachbessern könnten.
Das digitale „offene“ Bieterverfahren hingegen kommuniziert seinen Bietern das aktuelle Höchstgebot und entspricht im Wesentlichen einer Versteigerung. Mit dem größten Unterschied, dass beim offenen, als auch beim geschlossenen Bieterverfahren der Verkäufer NICHT verpflichtet ist einen etwaigen Mindestpreis anzunehmen – im Gegensatz zu einer echten Versteigerung.
Beide digitale Verfahren haben zudem, abgesehen vom Onlinezwang und somit vorausgesetzter Computer-Kenntnisse, die Notwendigkeit einer Befristung von mehreren Wochen. Die Identität der Teilnehmer ist außerdem auch hier berechtigterweise anonym.
Die Softwareanbieter werben vor allem mit Transparenz, Fairness und einem „beschleunigtem“ Verkauf. Ich kann diese Stichworte weder aus der Sicht des Verkäufers noch aus der des Kaufinteressenten so bestätigen.
Die Transparenz ist durch das digitale Bieterverfahren nicht gesteigert, Sie sehen schließlich auch hier nicht wer mitbietet. Besonders da der Verkäufer nicht gezwungen ist das Höchstangebot anzunehmen, ist der bittere Beigeschmack von Preistreiberei nicht auszuschließen.
Das Argument der Fairness und des beschleunigten Verkaufs kann ich allein wegen der Notwendigkeit der wochenlangen Befristung in Frage stellen. Es ist den Kaufinteressenten gegenüber absolut nicht fair, dass sie sich wochenlang einseitig an ein Angebot binden müssen, während sie nicht wissen, ob die Immobilie in der angebotenen Höhe überhaut zu kaufen wäre. Inzwischen gäbe es weitere Immobilien am Markt, die der Kaufinteressent verpasst, da er mit seinem Angebot im Wort steht. Es gibt mittlerweile auch eine Möglichkeit für einen Sofort-Kauf-Button, was das digitale Bieterverfahren aber ad absurdum führt.
Aber auch für den Verkäufer hat das digitale Bieterverfahren, abgesehen von einer etwaigen unnötigen Wartezeit, einen Nachteil und dieser hat eventuell enorme Auswirkung mit Langzeitfolgen. Damit ein Bieterverfahren für den Verkäufer Sinn macht, muss eine entsprechende Nachfrage generiert werden und diese ist vom Angebot abhängig. Dies führt in einigen Fällen dazu, dass die Immobilie unter dem zu erwartenden Verkaufspreis inseriert werden sollte. Hat das Bieterverfahren nicht den erwünschten Erfolg, ist Ihre Immobilie am Markt mit einem niedrigeren Preis bekannt und dies wirkt sich bei einem späteren Verkauf negativ auf die Angebotshöhe aus.
Wir bleiben daher bei der klassischen Variante und machen uns weiterhin gerne die Mühe, mit jedem Kaufinteressenten ein Kaufanbot in Papierform oder per einfacher Email auszufüllen und überbringen dieses Kaufanbot vertraulich direkt dem Verkäufer.
Sofern nicht anders vom Verkäufer gewünscht, erfährt der Kaufinteressent bereits binnen weniger Tage, ob er der zukünftige Eigentümer der angebotenen Immobilie ist und muss sich daher in der Regel nicht wochenlang einseitig binden.
Ein ordentlicher Immobilienmakler ist außerdem in der Lage den späteren Verkaufspreis, den ein durchschnittlicher Käufer im redlichen Geschäftsverkehr bereit wäre zu bezahlen, vorab zu berechnen, sei es ein Haus, eine Wohnung oder auch ein Baugrund. Sofern die Auftragsvergabe nicht sofort erfolgt, bieten wir eine ordentliche Verkehrswertberechnung für den Verkäufer in Vorleistung oder auch unabhängig eines Vermittlungsauftrages an. Dadurch kann der Verkäufer besser einschätzen, ob das spätere Kaufanbot angemessen ist. Abgesehen davon kann die Immobilie zu einem Preis inseriert werden, der für alle Beteiligten fair ist. Vor allem ist die Immobilie zu diesem Preis sofort zu kaufen und das spart wochenlange Wartezeiten.
Abschließend sei zu sagen, dass ein Mindestpreis, zu dem eine Immobilie gekauft werden könnte, im Inserat verpflichtend sein sollte. Wird dies Voraussetzung, unterscheidet sich das digitale Bieterverfahren dann kaum noch von einer gewöhnlichen Versteigerung.
Bisher war eine Versteigerung für Immobilieneigentümer eher negativ behaftet und ich gehe davon aus, dass dies so bleiben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Geschäftsführer Lukas Neuhold
Neuhold Immobilien GmbH
Weiz – Feldbach – Leibnitz – Kindberg